Jugendtreff Essingen "abgebrannt"
- Rathaus konnte gerettet werden

29.07.2008 - So hätte es in einem Ernstfall durchaus heißen können. Zum Glück war das Ganze nur eine Übung der Feuerwehren Offenbach und Essingen.

Einsatzleiter Oliver Siebert beschrieb folgende Situation: Der Dachstuhl des Jugendtreffs Schloßstrasse 3 steht in Flammen, Rauchentwicklung im Obergeschoß, Personen darin. Das Rathaus, welches unmittelbar daneben steht und als Fachwerkhaus besonders gefährdet ist, muss präventiv geschützt werden.
Als weitere Situation waren aufgrund eines Treppenhausbrandes im alten Schulhaus Menschen eingeschlossen. Das Treppenhaus ist nicht mehr passierbar. Retten durch Einstieg in den 1. Stock über eine Steigleiter, Bergen der Personen durch Sprung in ein aufblasbares Sprungkissen.

Oliver Siebert und Hartmut Weinsdörfer, der Wehrführer der Essinger Feuerwehr, lösten den Alarm um 19:34 Uhr mit Sirene und gleichzeitigem stillen Alarm über die Piepser aus. Bereits 4 Minuten später war die Essinger Wehr als Ortsnächste am Brandort, weitere 5 Minuten später die Wehr aus Offenbach. Ausgezeichnete Werte, so Oliver Siebert, der mit Eintreffen der jeweiligen Wehren den Einsatzbefehl bekannt gab.

Unterstützt wurde er dabei von seiner Assistentin Feuerwehrfrau Denise Pfeuti, die im Wagen der Einsatzleitung die Verbindungsstelle betreute. Sie koordinierte die zusammenlaufenden Meldungen und gab die Anweisungen des Einsatzleiters an die Abschnittsleiter weiter.

Die Essinger Männer hatten bereits die Leiter klargemacht, um die Personen aus dem oberen Stockwerk des Jugendtreffs zu bergen. Doch die Leiter war zu lang. Die Männer hatten die Höhe nicht richtig eingeschätzt. Schnell war sie jedoch gekürzt und zwei Feuerwehrleute stiegen mit Pressluftatmern in die oberen Räume. Dort wurde festgestellt, dass das Treppenhaus noch passierbar war. Die Jugendlichen konnten also auf diesem Weg in Sicherheit gebracht werden.

Inzwischen hatte eine weitere Gruppe, Schläuche aus dem Gerätewagen geladen, an die Wasserversorgung angeschlossen und begonnen den Brand zu löschen.

Die Offenbacher Feuerwehr, die ebenfalls kurz nach der Alarmierung eingetroffen war, bereitete den Leiterwagen auf den Einsatz vor. Der Korb wurde in der Kurve Schloßstraße vor dem Rathaus ausgefahren und zunächst auf dem Boden abgesetzt. An der Umrandung wurde eine Spritze montiert und mit dem Schlauchsystem verbunden. Zwei Mann bestiegen den Korb und wurden vom Leiterführer, der das System vom Fuß der Rettungsleiter aus bediente, über das Rathausdach gehievt. Erst dann konnte Wasser an das Pumpensystem angeschlossen werden. Die Gruppe hatte die Aufgabe, das Dach zu berieseln, um ein Übergreifen der Flammen vom Jugendzentrum auf das Rathaus zu verhindern.

Der Einstieg der Einsatzgruppe „Alte Schule“ verzögerte sich etwas, da der Fahrer des Gerätewagens aus Ortsunkenntnis nicht gleich über die Dalbergstraße gefahren war, sondern den anderen Einsatzgruppen in die Schloßstrasse folgte. Hier musste das Fahrzeug rückwärts bis zur Kirchstraße fahren, um dann die alte Schule über die Dalberg- und die Schulstraße zu erreichen. Wertvolle Minuten, die im Ernstfall entscheidend sein können.

Dafür wurde beim Einsatz selbst keine Zeit verloren. Auch hier wurde eine Leiter zum 1. Stock angesetzt und Feuerwehrmänner und -frauen bestiegen mit Pressluftatmern das Obergeschoß, um eingeschlossene Personen zu bergen. Im Gegensatz zum Jugendtreff war hier die Annahme, dass das Treppenhaus unpassierbar ist und somit das inzwischen aufgeblasene Sprungkissen zum Einsatz kommen sollte.

Obwohl etliche Freiwillige (unter den Zuschauern) vorhanden waren, durfte laut Einsatzleiter Oliver Siebert niemand springen. Dies sei bei einer Übung nicht gestattet.

Am Fuß der Einstiegsleiter stand Feuerwehrfrau Silke Kaiser und überwachte die Zeit eines jeden, der in das Obergeschoß vordrang. Wer diese überschritt und damit seinen Luftvorrat gefährdete, wurde von ihr zurückbeordert. Sicherheit zuerst!

Das Fazit, das Oliver Siebert und Hartmut Weinsdörfer zogen, war auch überaus positiv. Alle Einheiten hätten ihre Aufgabe voll erfüllt, Kleinigkeiten müssten noch ausgebügelt werden. Aber dafür sei die Übung schließlich auch da.

„Obwohl alles so gut geklappt hat,“ so der Essinger Wehrführer Hartmut Weinsdörfer abschließend, „wollen wir hoffen, dass es nicht zu einem echten Einsatz kommt. Und wenn doch – das sah man heute – so sind die Verbandsfeuerwehren gut gerüstet.“

Bei der abschließenden Übungsbesprechung betonte Siebert das überlegte und besonnene Handeln der Frauen und Männer. Wenn dieses ein echter Einsatz gewesen wäre, so hätten alle Personen gerettet und die Brände gelöscht werden können.

Das war auch die ungeteilte Meinung der Zuschauer, die übereinstimmend sagten, bei einer solchen Feuerwehr könne man sich sicher fühlen.

Natürlich darf auch bei einer Übung das anschließende gesellige Beisammensein nicht fehlen. Dafür sorgten der stellvertretende Wehrführer Raimund Reisinger, der während der Übung einen starken persönlichen Einsatz gezeigt hatte, und die Essinger Wehr.

Bereits nach kurzer Erfrischung zogen sich die Einheiten in ihre Stützpunkte zurück. Schließlich mussten die Schläuche und das Gerät gereinigt und für den nächsten Einsatz vorbereitet werden.

Bleibt noch zu erwähnen, dass in der Stützpunktfeuerwehr Offenbach insgesamt sieben Frauen als Feuerwehrfrauen Dienst tun. Adele Pfeuti, die übrigens gemeinsam mit ihrer Tochter Denise dabei ist, sagt dazu: „Ich stamme aus einer Feuerwehrfamilie. Mein Vater und alle Brüder sind Feuerwehrmänner. Schon im Alter von 16 Jahren wollte ich mitmachen, hatte aber damals als Mädchen keine Chance aufgenommen zu werden. Das änderte sich in der Zwischenzeit, aber da ging bei mir erst mal die Familie vor. Aber entweder man hat´s im Blut oder nicht. Früher bin ich sogar mit meiner Tochter auf dem Fahrrad zu den Einsätzen gefahren und habe geholfen, wo ich konnte. Klar, dass meine Tochter dann zur Jugendfeuerwehr ging. Heute bin ich selbst seit vier Jahren dabei und fühle mich mit meinen 41 Jahren nicht zu alt dazu. Ich würde jederzeit wieder so handeln!“


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Kurzinterview mit Hartmut Weinsdörfer und Einsatzbesprechung mit Oliver Siebert
Oliver Siebert, der Einsatzleiter, mit seiner Assistentin, Denise Pfeuti, am Wagen der Einsatzleitung
Die Essinger Wehr mit Raimund Reisinger traf als erster Gruppe ein. Hier peilt Reisinger die Lage.
Zuerst war die Leiter zu lang, aber dann klappte alles wie am Schnürchen.
Ein Feuerwehrmann steigt zu den Eingeschlossenen nach oben. Rauch quillt aus den Fenstern. Der Retter muss also zu seinem eigenen Schutz einen Pressluftatmer tragen.
Der Feuerwehr beste Waffe: Der Wasserschlauch
Das in „Brand geratene“ Dach wird gelöscht.
Montieren der Spritze am Korb des Leiterwagens
Hier hievt Feuerwehrmann Gensheimer seine Kollegen über das Dach des Rathauses
Sichern des Daches durch Kühlung mit Wasser
Aufstieg in die alte Schule. Jedoch: Kommando zurück! Kein Pressluftatmer an!
Anlegen und Überprüfen des Pressluftatmers
Das Sprungkissen ist einsatzbereit
Feuerwehrfrau Silke Kaiser ist für die Sicherheit ihrer Kolleginnen und Kollegen verantwortlich
Kurzinterview mit Hartmut Weinsdörfer und Einsatzbesprechung mit Oliver Siebert
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Kurzinterview mit Hartmut Weinsdörfer und Einsatzbesprechung mit Oliver Siebert